Ja und? Wen stört das?
Was ist noch mal Sinn und Zweck des Webservers in der Telefonanlage? Mal überlegen.
Ein neues, trendiges Designer-Accessoir zu promoten? Nee.
Ein bis zwei Songs der letzten zusammengecasteten Plastik-Band zu verkaufen, von der in drei Monaten kein Schwein mehr spricht? Irgendwie auch nicht.
Warte, ich komm noch drauf …
Richtig, der Webserver ersetzt so ungefähr tausend kleine Knöpfchen und Anzeigen, die man im letzten oder vorletzten Jahrhundert an die Telefonanlage gebaut hätte, um Einstellungen vorzunehmen. Und genau dafür ist eine 100% exakt identische Darstellung in allen Browsern überhaupt nicht nötig!
Ein kleines Beispiel:
Ich habe in letzter Zeit beruflich recht oft mit einem billigen USB-Printserver aus Fernost gearbeitet. Und mit billig meine ich, das es teurer wird, ein defektes Gerät zu reklamieren als es stumpf durch ein neues zu ersetzen. Der Kaufpreis dürfte nur knapp über den Hardware-Kosten liegen. Das Gehäuse ist definitiv von einem älteren Parallelport-Printserver abgeleitet, der größere Stecker ist einfach durch ein Stück Plastik mit einem Loch für die USB-Buchse ersetzt, der Rest des Gehäuses ist identisch. Netzteile werden mit wechselnden technischen Daten vom gerade günstigsten Lieferanten zugekauft, mittlerweile kenne ich davon drei Varianten. Und ich würde ziemlich viel Geld darauf wetten, dass Elektronik und Firmware zu fast 100% aus einem Referenz-Design kopiert wurden, zumal auf identischer Hardware mit anderer Firmware auch noch ein Gerät mit anderem Funktionsumfang verkauft wird.
Der Hersteller hat also sehr wenig Geld in die Entwicklung gesteckt. Trotzdem (oder gerade deswegen?) funktioniert die vom Embedded-Webserver gelieferte Website in jedem Browser, der mit Javascript und Frames umgehen kann. Auch wenn sie wirklich nicht hübsch aussieht.
Über Sicherheit reden wir mal lieber nicht. Ein triviales Passwort steht zwischen dem Printserver und der bösen weiten Welt, und weil das Ding anfällig für Replay-Attacken ist, läßt es sich unter anderem sehr leicht massenhaft konfigurieren. Mein Arbeitgeber nutzt den Printserver als Workaround für ein schwer bis gar nicht zu behebendes Software-Problem, mit einem einfachen Patchkabel zwischen isoliertem Rechner und Printserver, so dass in diesem Fall Sicherheitsbedenken völlig irrelevant sind.
Zurück zur Gestaltung von Websites:
Lustigerweise funktionieren Browser komplett ohne vom Webserver geliefertes CSS ganz gut, egal auf welchem Gerät man gerade arbeitet. Läßt man dann einen schlechten Designer auf die Website los (egal ob im WWW oder embedded), funktioniert die Website auf so ziemlich exakt einem Rechner - dem des Designers. Danach darf irgendeine arme Sau den großen Haufen mit sehr viel Aufwand und ohne Rücksicht auf Verluste so zurechtprügeln, dass zwei oder drei gerade gängige Browser auf ein oder zwei gerade gängigen Betriebssystemen so ungefähr das liefern, was der Designer sich mal ausgedacht hat. Danach ist die Deadline total überzogen und der Schrott muß dringend auf den Markt. Für Qualitätskontrolle und erst recht Tests in anderen Browsern ist dann weder Zeit noch Geld übrig.
(Ja, ich spreche aus professioneller Erfahrung bei einem früheren Arbeitgeber.)
Läßt man den Designer aus dem Spiel und beschränkt sich auf eine minimale Gestaltung, funktioniert die Website in allen Browsern auf allen Betriebssystemen und allen Geräten. Gut, dafür sieht die Website im schlimmsten Fall etwas angestaubt aus.
Wen stört das bei den Einstellungen einer Telefonanlage, an denen man nach der Installation eher selten noch etwas ändert? Anders herum: Wer wird durch ein kaputtes Design daran gehindert, an der Telefonanlage etwas einzustellen?
Für den Preis einer Basic.2 bekomme ich einen ganzen Sack voll von diesen Plastik-Printservern. Die Entwicklungskosten der Basic.2 alleine dürften vermutlich höher liegen als alles, was der Printserver-Hersteller jemals für Produktentwicklung ausgegeben hat. Und die Basic.2 kommt ernsthaft nicht mit dem IE klar, der zu Spitzenzeiten über 50% Marktanteil hatte? Aus Sicherheitsbedenken? Was stimmt an diesem Bild nicht?
Ja, der IE ist eine Katastrophe. Aber das ist nicht der Punkt! Für die Sicherheit des meines Rechners ist nicht mein Bäcker zuständig, und auch nicht die Putzfrau. Im Firmenumfeld, wo die Basic.2 hingehört, ist das Job der Firmen-EDV, nicht Job von Auerswald. Und im Privatbereich ist Sicherheit mein Job, nicht der von Auerswald. Wenn Auerswald meint, dass der IE eine derartige Sicherheitskatastrophe ist, dass der Kunde darauf aufmerksam gemacht werden muß, dann soll Auerswald den Kunden bitte mit einer Warnung darauf aufmerksam machen, nicht mit Verweigerung. Ein Overlay, das man wegklicken muß, ein roter Balken am oberen Rand der Seite, der nur im IE erscheint, was auch immer. Und wenn die Seite im IE richtig scheiße aussieht, um so besser.
Alexander