Hmmm, wenn ich mir mal ein Häuschen (um)bauen würde, hätte ich überall Cat6 oder Cat7 liegen, das in einem Technikraum zusammenläuft. Von daher wäre es ziemlich egal, über welchen Standard (POTS / S0 / Up0 / Ethernet) ich in den nächsten Jahrzehnten telefonieren würde.
Meine alte 2206 würde bei der Gelegenheit wohl rausfliegen und durch eine VoIP-Anlage mit einigen analogen Ports ersetzt werden.
Gegen ISDN über S0 spricht aus meiner Sicht der mimosenhafte S0-Bus, der auch nicht so recht zu einer strukturierten Verkabelung passen will (Bus statt Stern, Terminierung nötig). Mit ISDN über Up0 habe ich noch keine Erfahrungen, aber von den technischen Daten paßt Up0 besser zu einer strukturierten Verkabelung. Systemtelefone funktionieren über beide ISDN-Varianten und auch über Ethernet.
Stromversorgung für Systemtelefone kommt aus der Datenleitung, bei ISDN sowieso, bei Ethernet dank PoE auch. Bei PoE steht sogar deutlich mehr Leistung zur Verfügung als bei ISDN, so dass Basteleien wie ein ISDN-Kabel mit integriertem Netzteil am COMfort 2000 nicht nötig sein sollten. Wie Systemtelefone an der Anlage hängen, kann mir also ziemlich egal sein.
Normale ISDN-Telefone haben für mich gegenüber einem analogen Komfort-Telefon nur einen einzigen Vorteil: Bei einem Stromausfall kann das ISDN-Telefon automatisch direkt an den NTBA geschaltet werden. Die anderen ISDN-Features wie “Umstecken am Bus” braucht kein Mensch mehr, und ob nun In-Band oder auf einem eigenen Kanal gewählt wird, merkt man auch eher selten. Da ISDN am Amt nach und nach ausgerottet wird, wird der letzte Vorteil eines ISDN-Telefons irgendwann entfallen. Analoge Anschlüssen droht wohl irgendwann ein ähnliches Schicksal, so dass irgendwann ein Telefonanschluß zwingend VoIP am Amt bedeutet. (Datenübertragung über ISDN dürfte im Privatbereich wohl kaum noch vorkommen - vom Internet-Zugang in alten Glasfaser-Ausbaugebieten mal abgesehen.)
Analoge Telefone sind wesentlich billiger als ISDN-, VoIP- und Systemtelefone. Damit kann man das ganze Haus mit Telefonen versorgen, ohne viel Geld ausgeben zu müssen. Auch ist die erlaubte Leitungslänge bei analogen Anschlüssen deutlich größer als bei S0 und Ethernet CLIP und Kurzwahl-Tasten sind fast schon Standard und erlauben es ganz einfach, die Komfort-Funktionen der Telefonanlage zu nutzen. Größter Haken der analogen Telefone ist, dass es im Gegensatz zu System- und VoIP-Telefonen keine einfache Rückmeldung von der Anlage über LEDs oder LC-Displays gibt. Man könnte mit CLIP basteln, das macht aber kaum ein Hersteller von Telefonanlagen.
Ach ja, Schnurlostelefone: DECT oder WLAN.
DECT an POTS bedeutet entweder eine Basis pro Schnurlostelefon oder nur ein Gespräch pro DECT-Basis. Erschwerend kommt dazu, dass an einer analogen Basis keine unterschiedlichen Anlagen-internen Rufnummern benutzt werden können.
DECT an ISDN erlaubt immerhin zwei parallele Gespräche und individuelle Anlagen-interne Rufnummern für jedes Schnurlostelefon.
WLAN erlaubt so viele Gespräche und Schnurlostelefone, wie VoIP-Nebenstellen verfügbar sind. Außerdem läßt sich WLAN mit sehr wenig Aufwand im ganzen Haus verteilen. WLAN-Repeater aus China bekommt man nachgeworfen, während DECT-Repeater rar sind. Außerdem kann man auch Smartphones als VoIP-Nebenstelle im Haus benutzen.
Mit einem VPN sind Smartphones auch außer Haus prima als Nebenstelle an der Telefonanlage zu benutzen.
Fehlplanungen, oder “Huch, hier fehlt eine Leitung”:
An einer RJ45-Dose kann man mit entsprechenden Adaptern vier unabhängige analoge Telefone (inklusive Fax, AB) anschließen, eines pro Leitungspaar.
ISDN über S0 kann mit Adaptern zwei S0-Busse über eine RJ45-Dose führen, das erlaubt vier unabhängige ISDN- bzw. Systemtelefone.
ISDN über Up0 kann mit Adaptern vier Up0-Verbindungen (eine pro Leitungspaar) über eine RJ45-Dose führen, was vier Up0-Telefone erlaubt. Mit einem Up0-S0-Adapter pro Leitungspaar lassen sich so vier S0-Busse hinter den Adaptern betreiben, was 8 unabhängige ISDN- bzw. Systemtelefone erlaubt.
Gigabit Ethernet (vier Leitungspaare) kann mit einem (ggf. PoE-tauglichen) Switch so viele Telefone betreiben, wie Bandbreite und VoIP-Nebenstellen frei sind. Mit einem GSM-Codec (9600 Bit/s) ist theoretisch Bandbreite für 100.000 Gespräche vorhanden. Man kann neben dem Telefon auch noch PC, Spielekonsole, Drucker usw. anschließen.
Fast Ethernet (zwei Leitungspaare, 100 MBit/s) kann sich eine RJ45-Dose mit einem S0-Bus (zwei Leitungspaare) oder zwei analogen oder Up0-Leitungen (je ein Leitungspaar) teilen.
Alexander