"Schleifenstrom zu hoch" ?!?

Hallo,

an meiner 2106i Rev. I 1.1R hängt u.a. ein internes Computermodem (ordentliches TP-Link-Gerät). Nach dem Wechsel auf Win7 mußte ich neue Faxsoftware installieren; das ist drei Monate her.

Seit letzter Woche bekomme ich vom Modem diese Fehlermeldung:
“Motorola SM56 Modem Helper --------------------------- Schleifenstrom zu hoch. Bitte schließen Sie die Anwendung und prüfen Sie den Telefonnetzanschluss.”

Hat jemand eine Ahnung, was es mit dem Schleifenstrom auf sich hat ? Die drei Erwähnungen des Wortes hier im Forum legen nahe, daß es um eine a/B Leitung geht. Kann die Software darauf überhaupt Einfluß haben ? Lohnt es sich, die Anlage auf Verdacht auszuwechseln ? Wobei ich wegen bestimmter beruflicher Software der 2106i I bleiben möchte ?

Grüße,
Daniel

Edit: Ich beziehe ISDN von Vodafone über den Arcor NTsplit 2.0. Kommt der Schleifenstrom von der Vermittlungsstelle oder wird er in NTsplit oder Auerswald erzeugt ? Mist, es vergehen keine zwei Minuten mehr ohne Schleifenstrom-Popup.

Hallo,
kleiner Ausflug in die klassische analog Technik.
Ein a/b Port (interner Port oder Amt ist egal) ist eine Stromquelle (KEINE Spannungsquelle!). Sprich, je nach Last wird ein konstanter Strom geliefert bei schwankender Spannung. Der Schleifenstrom ist der Strom der über den Port fließt. Früher wurde bei analogen Telefonen ein richtiger Schalter (Gabelumschalter) beim Hörer abheben geschlossen und die Schleife war geschlossen, -> ein Schleifenstrom kann fließen.
Nun evtl. liefert die 2206 plötzlich zu viel Strom oder dein Modem kann kann nicht mehr richtig messen.

Bist du in der Lage ein Multimeter in den a/b Zweig zu klemmen? Dann kannst du den Schleifenstrom messen.

Gruß

magalon

Danke für blitzschnelle Antwort ! Ich probiers mit dem Multimeter.
Ist der “a/b Zweig” jeder der beiden Drähte, die auf der Auerswald für das Modem angeklemmt sind ? Das nehme ich erstmal an.

Edit: Das ist ein PCI-Modem, es müßte seinen Strom aus dem Steckplatz auf dem Mainboard beziehen. Nimmt es dann zusätzlich Strom über die Leitung von der Tel.Anlage auf ? Klingt so, wenn Schleifenstrom erwähnt wird. Bräuchte es aber eigentlich gar nicht …
Habe auch beim Softwarehersteller nachgefragt, weil ohne FaxTalk auch keine Warnung kommt. Ach, warum mußte Symantec das WinFax einstellen …

Gruß,
Daniel

Hallo,
das Modem muss sogar die a/b Leitung mit einer Last belegen und Strom “ziehen”. Über den Schleifenstrom bestimmt die TK-Anlage ob ein Endgerät den Port belegt oder nicht.

Gruß

magalon

Korrekt. Du mußt für eine Strommessung Telefonanlage, Modem und Meßgerät in Reihe (nicht parallel!) schalten, also einen der beiden Drähte auftrennen und das Meßgerät in die Trennstelle klemmen. Am einfachsten geht das bei einer TAE-Dose, weil Du dort am leichtesten an die Drähte kommst.

Für die ETS-2106I gibt Auerswald einen Schleifenstrom von 23 mA vor (Handbuch S. 106), für die Rev.2 ebenfalls (Installationshandbuch S. 57).

Wenn Du deutlich mehr Strom mißt, hat das Modem recht. Deutlich weniger wirst Du messen, wenn das Modem aufgelegt ist. Du mußt also bei bestehender Verbindung messen. (Terminal-Programm starten, COM-Port auswählen, “ATH1” eingeben. “ATH0” legt wieder auf. Beide Male sollte das Modem mit “OK” antworten.)

Korrekt, den Strom für den Betrieb nimmt es aus dem PCI-Bus. Das ist aber hier nicht relevant, gemeint ist der Strom in der Telefonleitung, mit der das Modem ein abgenommenes Telefon simuliert, wie magalon schon schrieb,

Nicht für seine eigenen Zwecke, nur um ein abgehobenes Telefon zu simulieren.

So lange das Faxen funktioniert, würde ich die Meldung stumpf ignorieren. Analoge Telefonie ist ziemlich robustes Zeug, da stört etwas mehr oder weniger Spannung, Strom oder Widerstand meistens nicht.

Es könnte übrigens auch sein, dass sich das Fax-Modem irgendwo im Ausland (USA?) wähnt, wo die elektrischen Verhältnisse auf den Telefonleitungen geringfügig anders sind als hier und insbesondere auch als an Nebenstellen. Demzufolge wäre der Sollwert für den Schleifenstrom im Modem zu niedrig eingestellt.

Die etwas brutale Abhilfe dürfte ein Widerstand parallel zum Modem sein, der einen Teil des Schleifenstroms von der Anlage einfach verheizt und so dem Modem entzieht.

Rechnung:

Die Anlage liefert max. 40 V Leerlaufspannung (siehe Handbuch), 4 mA sollen am Modem vorbei gehen, macht einen Widerstand von 40 V / 4 mA = 10 kOhm. Der wird dann mit max. 40 V * 4 mA = 160 mW belastet. 10 kOhm 1/4 W wäre also ein guter Start. Bei maximaler Belastung der Anlage (Modem online) kommen aus der Anlage nur noch 12 V heraus, dann fließen nur 1,2 mA durch den Widerstand, der dann auch nur noch 14,4 mW verheizen muß.

Sollen bei maximaler Belastung der Anlage (12 V) 4 mA abgezweigt werden, braucht man einen Widerstand von 12 V / 4 mA = 3 kOhm, nächster Normwert in der E12-Reihe ist 3,3 kOhm. Damit werden 12 V / 3,3 kOhm = 3,6 mA abgeleitet, die Belastung beträgt 12 V * 3,6 mA = 43 mW. Im Leerlauf (40 V) fließen dann aber schon 40 V / 3,3 kOhm = 12 mA und der Widerstand verheizt 40 V * 12 mA = 480 mW, der Widerstand sollte also 1/2 W vertragen. Das wird allerdings nicht passieren, weil der Widerstand die Anlage so sehr belastet (halber Schleifenstrom), dass sie nicht auf den Leerlaufwert kommt. Im blödsten Fall erkennt die Anlage das schon als abgehobenen Telefonhörer.

3,3 kOhm ist aber eine gute Schätzung für den kleinsten Widerstand, viel niedriger würde ich nicht gehen. 10 kOhm als Startwert sieht gut aus, das belastet die Anlage nicht signifikant, nimmt dem Modem aber schon gut Strom weg.

Farbcodes:
3,3 kOhm 10% oder 5% = orange / orange / rot / silber oder gold
3,9 kOhm 10% oder 5% = orange / weiss / rot / silber oder gold
4,7 kOhm 10% oder 5% = gelb / violett / rot / silber oder gold
5,6 kOhm 10% oder 5% = grün / blau / rot / silber oder gold
6,8 kOhm 10% oder 5% = blau / grau / rot / silber oder gold
8,2 kOhm 10% oder 5% = grau / rot / rot / silber oder gold
10 kOhm 10% oder 5% = braun / schwarz / orange / silber oder gold
12 kOhm 10% oder 5% = braun / rot / orange / silber oder gold
15 kOhm 10% oder 5% = braun / grün / orange / silber oder gold
18 kOhm 10% oder 5% = braun / grau / orange / silber oder gold
22 kOhm 10% oder 5% = rot / rot / orange / silber oder gold

Alexander

Hi magalon und bxlinux,

vielen herzlichen Dank für die ausführlichen Antworten ! Seit vorgestern liegt bei mir ein nagelneues Multimeter und mein Nachbar (gelernter Elektriker) hat mir Hilfe zugesagt beim Messen.

Aber auf einmal ist die Schleifenstrom-Warnung weg (ähnlich einem Zahnweh) und das Modem sendet und empfängt wie eh und je.

Für das nächste Mal bin ich gerüstet und für diesmal danke ich nochmal sehr für die Hilfe und Aufklärung !

Gruß,
Daniel

[Offtopic]

Cooler Thread und coole Antworten, Leute! Da habe ich mich direkt in die gute, alte Zeit zurückversetzt gefühlt.

Ich bin froh, so viele engagierte Mitglieder im Forum zu haben! :good: :tanzen:

Wie der Herr, so’s Gescherr - sagt man bei uns in Südhessen :good::rofl:

Ist halt ein feines Forum!

Seit den ersten Mails kein pieps mehr vom Schleifenstrom. Wenn er aber wiederkommt, reiße ich das Multimeter aus seiner Verpackung, es liegt schon neben mir. Griffbereit.

“Ist halt ein feines Forum!”

Ja, das sehe ich seit langem genauso !

Herzliche Grüße,
Daniel